SZENARIO ZINGEL 2035
 
Heute ist aus der vierspurigen Straße eine attraktive Allee geworden. Die Hildesheimer Stadtplaner:innen haben sich von Kopenhagen inspirieren lassen: Heute haben alle Verkehrsteilnehmer:innen ihre Bereiche und können sich sicher bewegen (vgl. Diamantrad 2022). Von den vier Autospuren gibt es nur noch die beiden Mittleren. Diese dienen hauptsächlich der neuen Straßenbahn, die verbleibenden Gewerbe- und Privatwagen dürfen hier auch fahren. Die äußeren Spuren wurden zu breiten Fahrradspuren. Diese sind dabei physikalisch mit Bordsteinen vom restlichen Verkehr getrennt (vgl. ebd.). Durch den reduzierten Verkehr braucht es heute weniger Ampeln, sie stehen nur noch an den großen Knotenpunkten. Bei allen Ampelschaltungen wird automatisch für Fußgänger:innen grün. Die Grünphasen orientieren sich an den Geschwindigkeiten von Kindern und älteren Menschen. Die Kinder heute verstehen gar nicht, wieso man früher den Übergang an Ampeln per Knopfdruck beantragt hat (vgl. Gehl 2021, S. 147).
Für Radfahrer:innen gibt es eine grüne Welle, die sich mit 20 km/h am Tempo des Radverkehrs orientiert (vgl. Diamantrad 2022). Durch heute gut ausgebaute und verbundene Radinfrastruktur werden heute mehr Wege mit dem Fahrrad zurückgelegt. So sind die Emissionen im Verkehr deutlich gesunken (vgl. Kraas et al. 2016, S. 353). 
 
Dass heute mehr Menschen Fahrradfahren zeigt sich aber auch in den Krankenkosten, die Menschen sind fitter und mehr Draußen unterwegs (vgl. ebd.)​​​​​​​Dadurch, dass der Gehweg nicht mehr mit den Radfahrer:innen geteilt wird, bleibt mehr Platz zum Gehen aber auch zum Stehenbleiben, um ein Pläuschen zu halten. Teilweise wurde der Platz auch für weitere Grünflächen und Stadtbäume genutzt. Die Veränderungen haben sich direkt auf die Wohnqualität ausgewirkt. Durch die Reduzierung und Elektrifizierung des Verkehrs hat sich die Luftqualität erhöht. Früher war der Zingel eine unattraktive, laute, schadstoffbelastete Gegend, heute laufen und wohnen Menschen gerne am Zingel. Durch eine große Sanierungs- und Ausbauoffensive in der ganzen Stadt wurden die Dachstühle ausgebaut und gedämmt. So ist neuer Wohnraum entstanden, ohne weiteren Boden zu versiegeln (vgl. Umweltbundesamt 2022).
Die Ladenflächen waren früher eher unbeliebte Lagen. Mit dem Auto ließ sich nicht vor Ort parken, oder es musste noch die große Straße überquert werden. Heute zeigt sich, die beste Kundschaft kommt zu Fuß oder mit dem Fahrrad. Es lässt sich direkt anhalten und ein sicherer Stellplatz für das Fahrrad lässt sich immer finden. (vgl. Aichinger/Frehn 2017, s. 5)
LICHTKONZEPT ZINGEL
Durch die Neugestaltung des Verkehrs wird sich auch die Anforderung an die Beleuchtung ändern: Rein normativ ergibt sich ein um die Hälfte reduziertes Helligkeitsniveau.
Das Lichtkonzept für den Zingel 2035 als prototypische Verkehrsachse fokussiert auf ein sicheres und blendfreies Licht, mit möglichst geringem Ressourceneinsatz. Wir schlagen vor die Fahrbahn weiterhin mit abgependelten Leuchten zu beleuchten. Diese hängen, wie aktuell 8 m über der Fahrbahn. Pro Reihe hängt nur noch eine Leuchte mittig über den beiden Fahrspuren. Da die Leuchten einen kleineren Abstrahlwinkel haben, hängen sie entlang des Straßenzugs in einem geringeren Abstand zueinander.
In der Summe bleibt die Anzahl der Leuchtpunkte gleich. Die Leuchten haben eine Farbtemperatur von 3000 K. Für den 2035 neu entstandenen Zebrastreifen gibt es zwei zusätzliche Mastleuchten, die den Überweg beleuchten und optisch hervorheben.
Mit dem neuen Lichtkonzept kann durch reduzierten Stromverbrauch der Leuchten und angepasste Beleuchtungszeiten deutlich Strom eingespart werden und damit auch Emissionen. Die bestehende Beleuchtung hat nach unseren Hochrechnungen einen Stromverbrauch von 4288 kWh pro Jahr. Für unser Konzept kalkulieren wir einen Stromverbrauch von 1174 kWh pro Jahr. Der Verbrauch würde mit unserem Konzept um 73 % sinken und 3114 kWh Strom pro Jahr sparen.
ERLEBNISBERICHT 2035
Thomas
45 Jahre alt
Fuhr früher oft mit dem Auto zur Arbeit in die Nordstadt

Tochter Lilly
12 Jahre alt
Geht auf die Goethe Schule an der Goslarschen Straße

"Ich brauchte eine neue Wohnung für mich und meine Tochter. Als ich hörte, es gäbe eine Wohnung am Zingel, wollte ich sie mir erst gar nicht anschauen. Ich kenne den Zingel ja noch von früher, als dicke, laute, stickige und gefährliche Straße. Ich hatte mich immer gefragt, wer will denn da am Zingel leben? Außerdem hatte ich auch Bedenken, wie sicher meine Tochter sein würde auf dem Weg zur Schule oder mit dem Rad zum Sport am Hohnsen.
Heute weiß ich, die Sorgen waren unbegründet. Der Zingel ist nicht mehr die große, trennende Verkehrsachse, sondern eine verbindende Allee zwischen der Innenstadt und der Oststadt. Die Verbindung wurde mit einfachen Mitteln realisiert. Jetzt gibt es mehrere Zebrastreifen, die die Stadtteile verbinden. Es lässt sich durch die ganze Stadt spazieren, ohne an einer Ampel stehenbleiben zu müssen. Besonders überzeugt hat mich aber der neue Radweg vor unserer Tür. Mit einer Breite für 2-3 Fahrräder nebeneinander und einer physischen Trennung zum Autoverkehr hin, habe ich auch keine Bedenken mehr, meine Tochter alleine zur Schule und in der Stadt fahren zu lassen. Mich haben dazu die kleinen Details überzeugt. Es gibt eine grüne Welle für Fahrradfahrende; sollte es doch mal rot sein, gibt es am Rand extra Fußstützen, die das Warten komfortabler machen. Ich muss sagen, ich war auch einer, der meinte, dass das alles unnötig sei. Inzwischen sehe ich, es sind diese kleinen Dinge, die das Radfahren attraktiv machen und so halfen die Verkehrswende zu schaffen. Sie haben mich so überzeugt, dass ich fast nur noch per Rad zur Arbeit in die Nordstadt fahre. Mit dem Rad bin ich einfach immer etwas schneller, als früher mit dem Auto.
Nach der Arbeit bin ich manchmal zu bequem mein Fahrrad in den Fahrradkeller zu schieben, dann stelle ich es bei einem der begrünten Fahrradständer ab. Diese sind wahre Platzwunder, meist kombiniert mit Paketstationen und Sitzmöbeln. Hier treffe ich öfter noch meine Nachbarn und man tauscht sich kurz aus. Die Nachbarn von unten erzählen, dass sie jetzt viel besser schlafen können, seitdem das Licht der Straßenbeleuchtung und Ampeln nicht mehr ins Schlafzimmer scheint. Das Problem habe ich im Dachgeschoss nicht, aber wahrscheinlich kann ich dadurch jetzt auch mehr Sterne bei uns durchs Dachfenster sehen."
QUELLEN
Aichinger, W.; Frehn, M. (2017) Straßen und Plätze neu denken. Dessau-Roßlau: Umweltbundesamt. https://www.umweltbundesamt.de/publikationen/strassen-plaetze-neu-denken
Diamantrad (2022) Fahrradstadt Kopenhagen: Was die dänische Hauptstadt besser macht. https://www.diamantrad.com/blog/fahrradstadt-kopenhagen/ 
Gehl, J. (2021) Städte für Menschen. Berlin: Jovis.https://www.jovis.de/de/news/details/jan-gehl-staedte-fuer-menschen.html
Kraas, F.; Leggewie, C.; Lemke, P. (2016) Der Umzug der Menschheit. Die transformative Kraft der Städte ; Hauptgutachten. Berlin: Wissenschaftlicher Beirat der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen. https://www.wbgu.de/de/publikationen/publikation/der-umzug-der-menschheit-die-transformative-kraft-der-staedte
Umweltbundesamt (2022) Die Stadt für Morgen: Die Vision. 
https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr-laerm/nachhaltige-mobilitaet/die-stadt-fuer-morgen-die-vision#kompakt

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